Als ich die Kita der evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Mariendorf auf ein Musikprojekt mit kleinen Kindern ansprach, hatten die Kitakinder bereits etliche musikalische Erfahrungen mit ihren hervorragenden ErzieherInnen gemacht, viel gesungen, in ihrer Kirche das Advents-Singen mitgestaltet und sogar schon CDs produziert! Die freundliche, einladende Atmosphäre im Hause zog mich an. Mit Streichinstrumenten hatten die Kinder noch keine Erfahrungen.
Zunächst arbeitete ich mit ihnen und ihren Erzieherinnen in kleinen Lerneinheiten, und bei der Performance wurde mein Streichquartett, das open string quartet, aktiv. Um der Kindergruppe die Streichinstrumente nahezubringen, war diese Formation bestens geeignet: Zum Greifen nahe, hinter keinem Bühnenrand verschanzt, in keinem Orchestergraben versteckt, musizierten vier Leute sehr intensiv miteinander. Es erklang nicht nur höchst anspruchsvolle klassische Literatur, sondern es wurde auch munter gezupft, geschabt, geklopft, gekratzt, die MusikerInnen bewegten sich im Raum, improvisierten, begleiteten zum Tanz und zum Gesang der Kinder.
Die Aufführung in der Martin-Luther-Gedächtnisirche:
In einer Performance von Kitakindern, einigen SchülerInnen des nahe gelegenen Eckener-Gymnasiums, zwei Sprecherinnen, ErzieherInnen und MusikerInnen sucht die "Familie Streich" - die Familie der Streichinstrumente -, von Italien kommend die Kitakinder in Berlin auf und zieht mit ihnen durch die Hauptstadt. |
Die Kinder zeigen der Familie Streich mit einem Rap, was bei ihnen in der Kita los ist. Laufend und singend streifen sie durch die Straßen weiter bis zu einem Kinderbauernhof, der viele Tiere beherbergt. Schließlich landen sie in einer der vielen Kirchen Berlins, wo sie in einer musikalischen Performance auf das Symbol des Kreuzes stoßen. Den Abschluss bildet eine freie Improvisation, an der sich alle gemeinsam beteiligen, und bei einer Zugabe auch ein Tanz mit Eltern und Geschwistern.
Es war ein Projekt, das die kleinen Kinder in höchstem Maße forderte und zu erstaunlichen Leistungen veranlasste - musikalisch, sprachlich und sozial. Die intensive Begegnung der Kinder mit Musik verschiedenster Stile und die Zusammenarbeit mit Musikprofis regten sie an zum Singen, Sich-Bewegen, Selber-Musizieren-Wollen, zu Kreativität und Freude. Darüber hinaus wurden Konzentration, Gedächtnis, Sprachfähigkeit – etwa beim Lernen von Texten, Melodien und Rhythmen – geschult. Auch soziales Verhalten war beim gemeinsamen Erarbeiten eines "Bühnen"-Stücks gefragt. Während der mehrwöchigen Arbeit in der Kita wurde mancher Berufswunsch geäußert - wie "Geigenlehrerin" oder Cellospieler.
Möge das kindliche Spiel im kulturellen Bereich, das Heranwachsen in Kreativität und individuellem Ausdruck dazu beitragen, innere Gelassenheit und Stärke bei den jungen Menschen zu entwickeln! Eine weitere Zusammenarbeit mit der Kita würde mich sehr erfreuen!
Susanne Schulz vio-line.de openstringquartet.de |